[:de]Elektrizität aus den Wolken ziehen: Benjamin Franklins ‘Briefe von der Elektricität'[:en]Drawing electricity out of the clouds: Benjamin Franklin’s ‘Letters about Electricity’[:]

[:de]”Eripuit caelo fulmen sceptrumque tyrannis” (Dem Himmel entriss er den Blitz und das Zepter den Tyrannen) lautet ein Epigramm über Benjamin Franklin, das vom französischen Ökonomen und Minister Anne-Robert Jacques Turgot verfasst wurde (Möhring 2010, S. 253). Es macht deutlich, dass Franklin im 18. Jahrhundert nicht nur als Mitverfasser und Unterzeichner der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung Berühmtheit erlangte, sondern auch als Erforscher der Elektrizität und Erfinder des Blitzableiters. Seine Briefe von der Elektricität, die ab 1751 in verschiedenen Auflagen und Sprachen erschienen, gelten als eine der wichtigsten naturwissenschaftlichen Publikationen des 18. Jahrhunderts.

Titelblatt

Des Herrn Benjamin Franklins Esq. Briefe von der Elektricität. Leipzig: Kiesewetter, 1758, Titelblatt

Bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts glaubten viele, dass Blitze aufgrund einer chemischen Reaktion entstanden, bei der sich schweflige Gase entzündeten (Möhring 2010, S. 254). Einigen Forschern war aber auch aufgefallen, dass elektrostatische Entladungen, die künstlich durch Hilfsmittel wie Elektrisiermaschinen erzeugt wurden, eine Ähnlichkeit zu den Blitzen während eines Gewitters aufwiesen. Allerdings fehlte der Nachweis, dass es sich um ein elektrisches Phänomen und somit um eine für die Naturphilosophie relevante Naturkraft handelte (Cohen 1990, S. 28-29).

Franklin war der Erste, dem 1751 mit dem „Schilderhaus“-Experiment die Beschreibung einer Versuchsanordnung gelang, mit der nachgewiesen werden konnte, dass es sich beim meteorologischen Phänomen der Blitze um eine natürliche Form von Elektrizität handeln musste (Franklin 1758, S. 88). Sollten Gewitterwolken tatsächlich elektrisch sein, dann musste es bei dieser Versuchsanordnung möglich sein, zwischen einer in den Himmel ragenden Metallstange und einem geerdeten Draht Funken zu ziehen, sobald eine niedrige Wolke über den Standort hinwegzog.

[Abbildung 1]

Franklins Versuchsanordnung mit dem Schilderhaus, aus: Des Herrn Benjamin Franklins Esq. Briefe von der Elektricität. Leipzig: Kiesewetter, 1758

Sein Vorschlag stiess in Wissenschaftlerkreisen auf ein grosses Interesse und wurde in Frankreich 1752 von Thomas François Dalibard erstmals praktisch umgesetzt (Raith 2006, S. 97). Das Experiment war aber nicht ganz ungefährlich. 1753 starb der erste Wissenschaftler bei dessen Durchführung durch einen Blitzschlag. Trotz der Gefährlichkeit des Experiments bildet Franklins Schrift die erste Grundlage zum Aufbau des modernen Blitzschutzes. Er schlug vor, geerdete Metallstangen zum Schutz von Häusern an deren höchsten Punkten aufzustellen (Franklin 1758, S. 87). Es dauerte allerdings noch einige Jahre, bis sein Vorschlag allgemein als glaubwürdig angenommen und die ersten Blitzableiter aufgestellt wurden (Möhring 2011, S. 259).

Literatur:

Cohen, I. Bernard (1990): Benjamin Franklin’s science. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press.

Möhring, Christa (2011): Notizen zu einer Geschichte des Blitzableiters: Der Diskurs um die franklinschen Spitzen in England in den 1760er und 1770er Jahren. In: Bernd Herrmann (Hg.): Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium 2010 – 2011. Göttingen: Universitätsverlag Göttingen, S. 253-272

Raith, Wilhelm (2006): Elektromagnetismus. Lehrbuch der Experimentalphysik. Bd. 2. Berlin: de Gruyter.[:en]‘Eripuit caelo fulmen sceptrumque tyrannis’ (He snatched the thunderbolt from heaven and the sceptre from tyrants) is an epigram about Benjamin Franklin, coined by the French economist and minister Anne-Robert Jacques Turgot (Möhring 2010, p. 253). It shows that Franklin achieved fame in the eighteenth century not only as co-author and signatory of the American Declaration of Independence but also as researcher into electricity and inventor of the lightning conductor. His Letters on Electricity, which appeared from 1751 in various editions and languages, are regarded as one of the most important scientific publications of the eighteenth century.

TitelblattDes Herrn Benjamin Franklins Esq. Briefe von der Elektricität. Leipzig: Kiesewetter, 1758, title page

Until the first half of the eighteenth century, many people thought that lightning was caused by a chemical reaction in which sulfurous gases were ignited (Möhring 2010, p. 254). But some researchers also noticed that electrostatic discharges artificially generated by devices like electrostatic machines showed a similarity to lightning during a thunderstorm. There was no proof, however, that this was an electrical phenomenon and thus a natural force of relevance to natural philosophy (Cohen 1990, pp. 28–29).

Franklin was the first to succeed in describing, with the ‘sentry box’ experiment, a test arrangement with which it could be proven that in the meteorological phenomenon lightning had to be a form of electricity (Franklin 1758, pp. 88 ff). If thunderclouds were in fact electrical, then it had to be possible in this test arrangement to draw sparks between a metallic rod projected into the sky and an earthed wire once a low cloud passed directly above the location.

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Franklin’s test arrangement with the sentry box, from: Des Herrn Benjamin Franklins Esq. Briefe von der Elektricität. Leipzig: Kiesewetter, 1758

His proposal aroused great interest in scientific circles and was first put into practice in France in 1752 by Thomas François Dalibard (Raith 2006, p. 97). But the experiment was not completely without its risks. In 1753 the first scientist to try it out was killed by a lightning strike. Despite the experiment’s dangers, Franklin’s writings formed the basis for creating today’s lightning protection. He proposed installing earthed metallic rods to protect houses at their highest points (Franklin 1758, p. 87). It was, however, some years before his proposal was accepted as credible and the first lightning conductors were installed (Möhring 2011, p. 259).

Literature:

Cohen, I. Bernard (1990): Benjamin Franklin’s Science. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press.

Möhring, Christa (2011): Notizen zu einer Geschichte des Blitzableiters: Der Diskurs um die franklinschen Spitzen in England in den 1760er und 1770er Jahren. In: Bernd Herrmann (publisher): Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium 2010–2011. Göttingen: Universitätsverlag Göttingen, pp. 253–272

Raith, Wilhelm (2006): Elektromagnetismus. Lehrbuch der Experimentalphysik. Vol. 2. Berlin: de Gruyter.

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