[:de]Auf der Suche nach dem schwarzen Gold – Schweizer Petrolgeologen und die Verstaatlichung des Erdöls im Iran [:en]In search of black gold – Swiss petroleum geologists and the nationalisation of crude oil in Iran[:]

[:de]Nach dem Zweiten Weltkrieg, zu Beginn des Kalten Krieges, begann der Iran sich langsam von den geopolitischen Machtansprüchen und wirtschaftlichen Begehrlichkeiten der Grossmächte, die es vor allem auf das iranische Erdöl abgesehen hatten, zu lösen. Ende 1949 gründete die iranische Regierung die Iran Oil Co. (Sherkat Sahami Naft Iran), eine selbstständige staatliche Gesellschaft.

Deren Ziel waren grossangelegte Erdölexplorationen ausserhalb des im Süden des Landes situierten Konzessionsgebietes der sich in britischer Hand befindlichen Anglo Iranian Oil Co. (AIOC, heute BP). Die als Zweig des Ersten Siebenjahresplanes zur wirtschaftlichen Entwicklung des Iran gegründete Gesellschaft sollte helfen, die Bodenschätze des erdölreichen Landes besser zu erforschen und unbekannte Quellen möglichen Wohlstandes zu erschliessen.

Arbeitsvertrag von Arnold Heim mit der iranischen Planning Administration, ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, aus Hs 494: 82.9

Im Oktober 1949 wurde als Chefgeologe der Iran Oil Co. der weitherum als hervorragender Petroleumgeologe bekannte und bereits kurz vor seinem siebzigsten Lebensjahr stehende Schweizer Arnold Heim (1882-1965) engagiert, der dieses Amt bis zu seiner Rückkehr in die Schweiz aus gesundheitlichen Gründen im Mai 1952 innehatte. Ein bedeutender Teil seines Auftrages war es, eine Gruppe von erfahrenen Petrolgeologen zu vereinen, die in verschiedensten Regionen des Landes Forschungsarbeiten und Expeditionen durchführen sollten. Ende 1949 bis Mitte 1950 stellte Arnold Heim ein Team aus sieben Petrolgeologen zusammen, welches für die kommenden Jahre in den Dienst der Iran Oil Co. trat. Dieses bestand in seinem Kern ausschliesslich aus Schweizern. Zu dem Team gehörten Pierre Soder, Heims langjähriger Weggefährte und Nachfolger im Amt als Chefgeologe der Iran Oil Co. Augusto Gansser, Heinrich Huber, Jovan Stöcklin, Karl Goldschmid, Ernst Frei und Max Furrer. 

Die Schweizer Geologen im Iran, v.l.n.r.: Pierre Soder, Augusto Gansser, Heinrich Huber, Bagher Mostofi (Managing Director Iran Oil Co.), Arnold Heim, Jovan Stöcklin, Karl Goldschmid, Ernst Frei und Max Furrer, ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, aus Hs 494: 82.4

Die äusserst vielfältigen anfallenden Arbeiten führten die Schweizer Erdölgeologen in die verschiedensten Winkel des Landes, wovon zahlreiche Feldbücher, Tagebücher, Briefe und Fotografien umfangreich Zeugnis ablegen. Die Hauptaktivitäten konzentrierten sich dabei zunehmend in der Region rund um die Stadt Qum, wo man grosse Erdölvorkommen vermutete – was sich jedoch erst 1956 unter Augusto Ganssers Leitung bestätigen sollte. Zum Ausarbeiten ihrer Karten und Berichte kehrten sie immer wieder in den Hauptsitz der Iran Oil Co. in der Hauptstadt Teheran zurück, in der auch ihre Angehörigen und Familien untergebracht waren.

Links: Nordrand der Wüste Kavir. Lager bei Abdullabad- Eozäne Green-Series beim Berg Takhte Rustam, Mitte: Nordrand der Wüste Kavir. Gegend von Samnan. Lager bei Abdullabad, Arnold Heim und Karl Goldschmid, Rechts: Nordrand der Wüste Kavir. Gegend von Samnan. Lager bei Abdullabad, alle Aufnahmen vom 30.11.1950, ETH-Bibliothek, Bildarchiv, Dia_023g-013, Dia_023g-012, Dia_023g-014

Die Schweizer Erdölgeologen begaben sich zu einer Zeit in den Iran, während der die als ausbeuterisch empfundene Konzessionsvereinbarung mit der AIOC neu ausgehandelt wurde. Seit 1933 besass die AIOC die staatliche Konzession, im Süden des Iran Öl zu fördern – gerade die Ölfelder um die Stadt Abadan gehörten damals zu den bedeutendsten der Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg empfand die iranische Regierung diese Konzessionsbedingungen jedoch zunehmend als unfair, Neuverhandlungen sollten dem Staat Iran höhere Einkünfte aus dem Erdölgeschäft bescheren. Die zähen Verhandlungen führten zu keiner Einigung, was nationalistischen Kräften Auftrieb gab. 1951 verstaatlichte der Iran schliesslich die AIOC und gründete die National Iranian Oil Company (NIOC), ein Schritt, der zu einer jahrelangen zwischenstaatlichen Auseinandersetzung mit Grossbritannien führte, die erst 1954 unter Vermittlung der UNO beigelegt werden konnte. Die Gründung der Iran Oil Co. richtete sich gemäss zeitgenössischen Kommentatoren jedoch weniger gegen britische geopolitische Interessen, sondern vielmehr gegen Ansprüche der Sowjetunion, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der iranischen Regierung Ölkonzessionen für den Norden des Landes forderte.

Links: Khuzistan. Abadan, Raffinerie der AIOC am Persischen Golf, Aufnahme vom 08.04.1952, ETH-Bibliothek, Bildarchiv, Dia_023g-074, Rechts: Landkarte Iran 1950, aus Nachlass Arnold Heim, ETH-Bibliothek, Bildarchiv, Dia_023g-001

Dass die iranische Regierung im Spannungsfeld zwischen Ost und West gerade einer Gruppe von Schweizern die Erforschung der Erdölvorkommen im Land anvertraute, war sicher kein Zufall. Vieles spricht dafür, dass die ihrem Herkunftsland zugesprochene Neutralität während des Kalten Krieges für Schweizer Wissenschaftler auf der Suche nach Auslandserfahrungen und Abenteuern von entscheidendem Vorteil sein konnte. Im Arbeitsvertrag zwischen der iranischen „Planning Administration“ und Arnold Heim ist in Artikel VIII denn auch explizit festgehalten, dass dieser sich während seiner Beschäftigung im Iran von jeglichen politischen Aktivitäten fernzuhalten und sich nicht in die internen Angelegenheiten des Landes einzumischen habe. 

Aufgrund der privaten Briefwechsel der Geologen untereinander wird schnell klar, dass die tägliche Arbeit in dem innen- und aussenpolitisch stark aufgeheizten Klima Irans zu Beginn der Fünfzigerjahre für die Geologen und ihre Angehörigen sehr diffizil war und auch sie in ihrem Alltag wiederholt fremdenfeindlichen Angriffen ausgesetzt waren. So schrieb Augusto Gansser in einem Brief vom 16. August 1952 an seinen langjährigen Freund und Vorgänger Arnold Heim:

„[Die] Azerbeidjan Reise dauerte fast einen Monat bis ich wieder die nötige Erlaubnis für die Grenzgebiete erhielt. Dies natürlich wegen der politischen Unruhen, die sich nun äusserlich etwas gelegt haben, im Stillen jedoch weiter wirken, und es so sicherlich gelegentlich wieder zu einem Ausbruch kommen wird. Die Konstellation mit unserem Freund Ka. in der Regierung sieht gar nicht gut aus. Der Fremdenhass hat zugenommen, unsere Frauen werden in den Strassen belästigt. Auch auf meiner Reise hatte [sic, ich fehlt] viele Schwierigkeiten mit den Militärs, welche eine sehr strenge und komplizierte Kontrolle betätigen, was nur sehr viel Zeitverlust bedeutet, besonders wenn man wie wir täglich 13-14 Stunden unterwegs war.“ (Brief aus ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, Hs 494: 82.9)

Währendem Augusto Gansser den Iran 1957 verliess, um 1958 eine Doppelprofessur für Geologie an der ETH und der Universität Zürich anzunehmen, blieben einige seiner Mitarbeitenden bis in die Sechzigerjahre dort beschäftigt.

Nachweise:

Markus Ursula/ Eichenberger, Ursula u.a: Augusto Gansser, Aus dem Leben eines Welt-Erkunders, (Zürich, AS-Verlag 2008).

Weitere Fotografien von Arnold Heim aus dem Iran sind über das Bildarchiv Online öffentlich zugänglich.[:en]After the Second World War, in the early days of the Cold War, Iran gradually began to break away from the geopolitical power games and economic greed of the major powers, which had especially set their sights on Iranian crude oil. At the end of 1949, the Iranian government founded Iran Oil Co. (Sherkat Sahami Naft Iran), an autonomous state-owned company.

Its goal was to conduct large-scale crude oil explorations outside the concession area of the British-owned Anglo Iranian Oil Co. (AIOC, now BP) in the south of the country. Formed as a branch of Iran’s First Seven-Year Development Plan, the company was supposed to help research the natural resources of the oil-rich country more effectively and tap into unknown sources of potential affluence.

Arnold Heim’s employment contract with the Iranian Planning Administration, ETH Library, University Archives, from Hs 494: 82.9

In October 1949, the Swiss Arnold Heim (1882-1965), widely known as an outstanding petroleum geologist, was hired as chief geologist by Iran Oil Co. Heim, who was already about to reach the age of seventy, held this position until his return to Switzerland in May 1952 for health reasons. An important part of his mission was to bring together a group of experienced petroleum geologists to carry out research and expeditions in various regions of the country. From the end of 1949 to the middle of 1950 Arnold Heim assembled a team of seven petroleum geologists, who joined Iran Oil Co. for the coming years. Its core consisted exclusively of Swiss people. The team included Pierre Soder, Heim’s long-time companion and successor as chief geologist of Iran Oil Co. Augusto Gansser, Heinrich Huber, Jovan Stöcklin, Karl Goldschmid, Ernst Frei and Max Furrer.

The Swiss geologists in Iran, f.l.t.r.: Pierre Soder, Augusto Gansser, Heinrich Huber, Bagher Mostofi (Managing Director Iran Oil Co.), Arnold Heim, Jovan Stöcklin, Karl Goldschmid, Ernst Frei and Max Furrer, ETH Library, University Archives, from Hs 494: 82.4

The extremely varied projects that followed took the Swiss oil geologists into every nook and cranny of the country, as is documented extensively in numerous field books, diaries, letters and photographs. The principle activities focused increasingly on the region around the City of Qom, where they expected to find large crude oil reserves – this was eventually confirmed in 1956 by a team headed by Augusto Gansser. They kept returning to the headquarters of the Iran Oil Co. in the capital Tehran, where their families were also staying, to draw up their maps and reports.

Left: Northern fringe of the Kavir Desert. Camp near Abdullabad – Eocene Green Series near Mount Takht-i-Rustam, centre: northern fringe of the Kavir Desert. Semnan Province. Camp near Abdullabad, Arnold Heim and Karl Goldschmid, right: northern fringe of the Kavir Desert. Semnan Province. Camp near Abdullabad, all photographs from 30.11.1950, ETH Library, Image Archive, Dia_023g-013, Dia_023g-012, Dia_023g-014

The Swiss petroleum geologists travelled to Iran at a time when the concession agreement with the AIOC, which had been perceived as exploitative, was being renegotiated. The AIOC had held the state concession to extract oil in Southern Iran since 1933 – indeed, the oil fields around the City of Abadan ranked among the most important in the world at the time. After the Second World War, however, the Iranian government increasingly perceived these concession conditions as unfair; fresh negotiations were supposed to bring the Iranian nation greater revenue from the crude oil business. The tough negotiations failed to produce an agreement, which boosted the nationalistic powers. In 1951 Iran eventually nationalised the AIOC and founded the National Iranian Oil Company (NIOC), a step which led to years of international dispute with Great Britain, which was only resolved in 1954 with the intervention of the UN. According to contemporary commentators, however, the foundation of Iran Oil Co. was not so much against British geopolitical interests as claims from the Soviet Union, which had been demanding oil concessions for the north of the country from the Iranian government since the end of the Second World War.

Left: Khuzestan. Abadan, AIOC refinery on the Persian Gulf, photograph from 08.04.1952, ETH Library, Image Archive, Dia_023g-074, right: Map of Iran, 1950, from Arnold Heim’s personal papers, ETH Library, Image Archive, Dia_023g-001

The fact that the Iranian government entrusted a group of Swiss with researching the crude oil reserves in the country in the flashpoint between the East and West was surely no coincidence. There is much to suggest that Switzerland’s neutrality during the Cold War may have been key advantage for Swiss scientists searching for experiences and adventures abroad. After all, Article VIII of the employment contract between the Iranian Planning Administration and Arnold Heim explicitly states that he was to stay away from any political activities and not interfere with the country’s internal affairs.

The private correspondence between the geologists, however, quickly reveals that the day-to-day work in Iran’s extremely heated climate on both the international and the home front in early 1950s was very difficult for the geologists and their families, and they were repeatedly subjected to xenophobic assaults in everyday life. As Augusto Gansser wrote in a letter to his old friend and predecessor Arnold Heim on 16 August 1952, for instance:

“[The] Azerbaijan trip took almost a month before I got back the necessary permits for the border regions. Of course, this was due to the political turmoil, which seems to have settled down somewhat on the face of things, but is still bubbling away under the surface and bound to erupt again every so often. The set-up with our friend Ka. in the government does not look at all good. The xenophobia has increased, our wives are being harassed on the streets. On my trip [sic, “I” missing] have had many difficulties with the military, which conducts very strict, complicated checks. This invariably means a lot of time is wasted, especially if you are on the road for 13 to 14 hours a day like us.” (Letter from ETH Library, University Archives, Hs 494: 82.9)

While Augusto Gansser left Iran in 1957 to take up a dual professorship at ETH Zurich and the University of Zurich, some of his team continued to work there into the 1960s.

References:

Markus Ursula/ Eichenberger, Ursula u.a: Augusto Gansser, Aus dem Leben eines Welt-Erkunders (Zurich, AS-Verlag 2008).[:]

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