ist der zugang zum Web ein menschenrecht ?

diese frage wurde heute an der webkonferenz ernsthaft diskutiert – und zwar von einem hochkarätigen panel.

doch zuerst präsentierte chris welty, research scientist am IBM T.J. Watson Research Center in new york, ein hochinteressantes projekt mit der bezeichnung IBM Watson. im mai 1997 hatte IBM mit dem projekt Deep Blue zwei von sechs schachpartien gegen den damaligen schachweltmeister gewonnen (drei partien endeten mit einem patt, kasparov gewann nur eine einzige partie und unterlage deshalb in der serie). nun hat sich IBM einer neuen herausforderung angenommen: dem wissensspiel jeopardy, siehe http://www.jeopardy.com/ – ähnlich dem bei uns bekannten „wer wird millionär“. bei diesem spiel werden fragen gestellt, die ein mensch mit gutem allgemeinwissen möglicherweise beantworten kann, wobei die fragen grundsätzlich auf die USA ausgerichtet sind. korrekt beantwortete fragen werden mit geld belohnt, bei einer falschen antwort wird geld weggenommen. sieger ist, wer zum schluss am meisten geld auf dem konto hat.

IBM hatte sich zum ziel gesetzt, ein system zu entwickeln, welches diese fragen innert nützlicher frist, d.h. im endausbau in weniger als zwei sekunden, beantworten kann. eine gesetzliche bedingung war, dass das system nicht mit dem Internet verbunden sein darf. in jahrelanger entwicklung wurde ein datenrepository von 80 GB zusammen getragen. die in natürlicher sprache gestellten fragen werden mit 2500 prozessoren analysiert und mit einer grosszahl algorythmen parallel analysiert. entscheidend ist unter anderem herauszufinden, welche art information als antwort erwartet wird, also z.b. eine jahreszahl, ein ort, ein name usw. am ende des prozesses wird für jede antwort die wahrscheinlichkeit berechnet, dass sie korrekt ist und die wahrscheinlichste antwort wird schliesslich ausgegeben.

während der entwicklung konnte auf das j-archive zugegriffen werden, in dem sämtliche seit 1964 gestellten fragen und die zugehörigen antworten gespeichert sind. schliesslich ist IBM mit ihrem system vor einem millionen-publikum angetreten und hat die besten spieler aller zeiten trotz einiger unsinnigen antworten schlagen und den wettbewerb gewinnen können, siehe ibmwatson.com.

anschliessend präsentierte sich der nächste austragungsort: rio de janeiro in brasilien, siehe www2013.org.

die zweite keynote wurde gehalten von neelie kroes, vizepräsidentin der europäischen kommission und mitglied der europäischen digital agenda. sie erschien auf der bühne mit handschellen um dafür einzustehen, dass das Internet von (digitalen) fesseln befreit werden müsse. dazu brauche es nicht in erster linie neue gesetze, sondern es müsse vorallem der „mindset“ geändert werden. ein offenes Internet heisse aber nicht anarchie, auch regeln könnten zur offenheit beitragen, meinte sie. es sei auch gerechtfertigt, wenn provider limitierte Internet-zugänge anbieten, wenn das klar definiert sei (z.b. eine beschränkte bandbreite oder datenmenge), aber es müsse immer auch ein unlimitierter und unbeschränkter zugang zum netz möglich sein.

darauf folgt die eingangs erwähnte diskussion, ob nun der zugang zum Web ein menschenrecht sei oder nicht. auf der bühne sassen neben dem moderator der unternehmer gilles babinet, die oben erwähnte neelie kroes sowie tim berners lee. die diskussion wurde nicht zuletzt ausgelöst durch einen artikel im guardian, in dem tim sich gegen die überwachung des Webs durch den staat gewehrt hatte, siehe http://www.guardian.co.uk/technology/2012/apr/17/tim-berners-lee-monitoring-internet?intcmp=239 bzw. http://www.technolog.msnbc.msn.com/technology/technolog/web-founder-government-snooping-destruction-human-rights-722380

tim hatte in jenem artikel gesagt: „die überwachung durch den staat ist eine bedrohung für die menschenrechte“, was nun eben zur frage geführt hat, ob der zugang zum Web ein menschenrecht sei oder nicht ? klar ist, dass gemäss der UN-charta der zugang zum Web kein deklariertes menschenrecht ist, aber es gibt das recht auf freie meinungsäusserung, was zumindest gegen eine beschneidung des datenflusses spricht, denn dies wäre eine form von zensur. tim sagte im laufe der diskussion, das Internet ist eine technologie und kein recht. er machte aber auch auf den graben zwischen onliner und offliner aufmerksam und dass es genauso wichtig sei, diesen möglichst zu schliessen. schliesslich wurde das dilemma zwischen freiem zugang zu informationen und den kommerziellen interessen der firmen angesprochen. tim meinte, gewisse firmen wurden versuchen, protektionistische geschäftsmodelle als innovation anzupreisen und wenn man sich dagegen wehre, würde man als innovationsgegner bezeichnet, damit sei er nicht einverstanden. das Web sei eine grosse innovation und es sei von anfang an als ein offenes system entwickelt worden und deshalb so erfolgreich …

am nachmittag ging es dann weniger politisch, dafür sehr technisch weiter. ich besuchte einen vortrag mit dem titel „intro to HTML 5 games“ in der hoffnung, nochmals etwas über den neuen HTML standard zu erfahren. dem war leider nicht so – vielmehr wurden lang und breit die fähigkeiten der game programmierer mit denen der web programmierer verglichen. danach wurde eine liste von wünschen an HTML 5 präsentiert, welche das programmieren von Web-games erleichtern würde.

den späteren nachmittag verbrachte ich damit, meine persönliche website nicht nur auf korrektes HTML und CSS zu überprüfen, sondern auch den gängigen accessibility-standards anzupassen – das ist gar nicht so einfach, aber machbar. ich bin äusserst gespannt, wie der neue webauftritt der ETHZ diesen anforderungen entsprechen wird.

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