accessibility update 2010
vor fast genau einem jahr, am 10.6.2009, lud die credit suisse im namen der „fachgruppe accessibility der schweizer informatik gesellschaft“ zu einem ganztägigen „accessibility day“ in ihr forum im uetlihof ein, siehe meinen blogeintrag. gestern 9.6.2010 war nun die ETH zürich gastgeberin. die veranstaltung wurde auf einen halben tag reduziert, war aber nicht minder interessant.
als ich den raum HG E1.1 betrat, fragte ich mich allerdings, ob hier nicht schon auf dem anweg die ersten fast unüberwindlichen barrieren bestehen: über zahlreiche treppen ging’s auf und ab und der raum selbst hatte sehr hohe stufen. eine person im rollstuhl hätte wohl grosse mühe, diesen raum zu erreichen, im raum selbst gibt es ebenfalls sehr wenig platz für rollstühle. die hohen stufen und schmalen durchgänge waren für personen mit sehbehinderungen, die oft von einer zweiten person begleitet wurden, nur mühsam zu überwinden. der zugang zum haupteingang ist zwar inzwischen rollstuhlgängig, im haus selbst happert es aber noch enorm. anderseits ist der zugang mit diesen holzlatten für damen mit bleistiftabsätzen auch nicht wirklich geeignet, aber zugang für alle bezieht sich möglicherweise ja gar nicht auf alle alle, sondern eben auf alle mit flachschuhen und rollstühlen.
„öppis isch immer“, pflegt mein vater in solchen situationen zu sagen und er mit seinen 81 jahren lebenserfahrung muss es ja wissen. damit wären wir auch schon beim thema des ersten vortrages: „Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Alter“. es gibt zahlreiche möglichkeiten, Internet-nutzer und -nichtnutzer – sogenannte „onliner“ und „offliner“ zu kategorisieren: nach geschlecht, bildung, einkommen oder eben alter. das „Zentrum für Gerontologie (ZfG)“ der universität zürich hatte kürzlich im auftrag der Pro Senectute und des BAKOM eine studie zum thema Internet-nutzung bei personen über 65 durchgeführt. über 1100 teilnehmerInnen hatten fragen zur nutzung des Internets beantwortet. es stellte sich heraus, dass der „digitale graben“ mit zunehmendem alter fast linear ansteigt. bei den 65-69 jährigen nutzen knapp 60% das Internet zumindest gelegentlich, bei den 85+ jährigen sind es gerade noch 8%. der gesamtschweizerisch anteil der „onliner“ liegt bei 77%. bei denjenigen senioren, welche das Internet nutzen, liegt email an der spitze, gefolgt von informationsbeschaffung und dem SBB-fahrplan. diese angaben kann ich aus eigener erfahrung bestätigen, hat sich doch mein vater vor wenigen monaten sein erstes notebook gekauft und nutzt genau diese dienste. auch die aussage, ein positiv eingestelltes umfeld (familie, insbesondere enkel, aber auch kinder und freunde) wäre die beste motivation für senioren, sich im (fortgeschrittenen) alter noch mit IKT im allgemeinen und dem Internet im besonderen auseinanderzusetzen, trifft in unserem fall zu. damit senioren Internet-dienste auch nutzen können, müssen diese altersgerecht angeboten werden. es gelten grundsätzlich die gleichen anforderungen wie für menschen mit behinderungen, also gute strukturen, übersichtliche layouts, verständliche formulierungen, kein unnötiger ballast usw. weiterführende informationen zu dieser studie und den bericht selbst finden man unter www.zfg.uzh.ch/projekt/ikt-alter.html
im nächsten vortrag ging es sozusagen um personen am anderen ende der alters-skala: um studierende mit behinderungen. 12% aller studierenden sind menschen mit behinderung oder chronischer krankheit. das ziel des projektes „Accessible-Education“ der „zürcher hochschule für angewandte wissenschaften“ (ZHAW) ist es, curricula, prüfungen und studienrelevante informationen in barrierernfreier form anzubieten. dies bedeutet, dokumente – insbesondere PDFs – müssen in barrierenfreier form angeboten werden. multimediale inhalte, z.b. aufzeichnungen von vorlesungen, müssen mit untertiteln versehen oder in gebärdensprache übersetzt werden. schliesslich sollen für studierende mit motorischen behinderungen elektronische karten für barrierenfreien zugang erstellt werden. im rahmen dieses projektes sollen beratung und schulung angeboten und die öffentlichen institutionen auf die bedürfnisse von studierenden mit behinderungen sensibilisiert werden. es sollen richtlinien für barrierefreie unterlagen und spezial SW zur produktion von barrierefreien dokumente erstellt werden. bis jetzt konnten barrierefreie stundenpläne produziert werden und es wurde ein Word-plugin zur erstellung barrierefreier dokumente programmiert. dieses kann in den nächsten tagen über die website der ZHAW heruntergeladen werden, siehe accessible-education.zhaw.ch.
nach der pause wurde ein weiterer äusserst nützlicher vortrag gehalten: die „Stiftung zur behindertengerechten Technologienutzung“ („zugang für alle“) präsentierte eine aktualisierte checkliste um die barrierefreiheit einer website zu prüfen und ein werkzeug, um PDF-dateien auf barrierefreiheit zu testen. die checkliste wird in verschiedenen formaten angeboten, u.a. als Word- und Excel-datei und kann von der website www.access-for-all.ch heruntergeladen werden. der PDF accessibility checker wird in kürze über die gleiche adresse verfügbar sein. die checkliste basiert auf den Web Content Accessibility Guidelines V2.0 (WCAG) des W3C.
zusammenfassend möchte ich den nachmittag als äusserst gelungene, informative und nützliche veranstaltung bezeichnen. dass mit herrn professor carl august zehnder eine herausragende persönlichkeit aus der IT-welt durch die veranstaltung geführt hatte, zeigt wie ernst dieses anliegen in der fachwelt genommen wird. umso bedauerlicher scheint mir, dass die kollegen aus der HK auch dieses jahr wieder durch abwesenheit geglänzt haben – hatte die veranstaltung doch praktisch vor ihrer bürotür stattgefunden … und wurde accessibility zu einem wichtigen anliegen im rahmen des ETHZ-webrelaunch erklärt. weitere informationen zu dieser veranstaltung findet man unter www.ict-accessibility.ch.