Spiel und Spass mit Lizenzservern
Hersteller von teurer technisch-wissenschaftlicher Software überlassen das Lizenzmanagement beim Kunden aus Angst vor unkontrollierter Piraterie gerne dedizierten Lizenzservern. Das hat durchaus auch für den Kunden Vorteile, bedeutet in der Praxis aber üblicherweise viel Händeringen und Haareraufen beim Betreiber der Lizenzserver.
Wenn Sie schon mit einem Lizenzserver in Kontakt gekommen sind, dann vermutlich, als Sie ein IDES-Produkt bestellten, das als Netzwerkversion gekennzeichnet war. Bei der Installation mussten Sie entsprechend einen der Lizenzserver, die von den Informatikdiensten betrieben werden, eintragen. Auf dem Heimweg im Zug stellten Sie dann verwundert fest, dass sich die Software nicht mehr starten liess.
Das lag natürlich an der fehlenden Netzverbindung. Die Applikation bezieht beim Starten über das Netz eine Lizenz vom Lizenzserver und gibt sie nach dem Beenden wieder zurück. Reisst während der Arbeit die Verbindung zum Lizenzserver ab, stellt die Software ihren Dienst ein. (Die Ausnahme bilden Produkte, die ein so genanntes License Borrowing zulassen. Damit kann eine Lizenz für eine bestimmte Zeit fest ausgecheckt werden.)
Dieser Nachteil wird durch den Vorteil wettgemacht, dass sich viele Benutzer eine eingeschränkte Anzahl Lizenzen teilen können, so lange nie alle Benutzer gleichzeitig mit der Software arbeiten. Da dies praktisch nicht vorkommt, können zum Beispiel 100 Benutzer die Applikation installieren und benutzen, obwohl nur 30 Lizenzen auf dem Lizenzserver zur Verfügung stehen. Das spart Geld, und deshalb sind Netzwerklizenzen auf IDES normalerweise günstiger (oder vielfach kostenlos) als Node-Lizenzen (fest einer Maschine zugewiesene Lizenzen) des gleichen Produkts.
Steigt die Anzahl Benutzer eines Produkts, kann es vorkommen, dass alle Lizenzen ausgecheckt sind, wenn Sie die Applikation benutzen wollen. Dann bricht der Startvorgang mit der entsprechenden Fehlermeldung ab. Falls das passiert, reicht es meistens, zehn Minuten später erneut zu probieren, um eine Lizenz zu erhalten. Kommt es öfters vor, sind wir über eine Meldung an lizenz@id.ethz.ch froh, damit wir prüfen können, ob die Lizenzen aufgestockt werden müssen.
Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass es manchmal zu Verzögerungen kommt, wenn es einen Versionswechsel bei Programmen auf IDES gibt, die einen Lizenzserver benutzen. Das liegt daran, dass Softwarefirmen mit der Komplexität ihrer Lizenzservermechanismen nicht nur uns, sondern auch sich selbst gerne das Leben schwer machen. Da haben wir schon die originellsten Sachen erlebt.
Ein absoluter Klassiker ist das falsche oder nicht funktionsfähige Serverlizenzfile, das uns der Lieferant – normalerweise verspätet – zuschickt. Dann wird auch gerne von einer Version zur anderen die Abwärtskompatibilität gekappt. Das führt dazu, dass wir die neue Lizenz auf einem anderen Server aufsetzen müssen, damit die Benutzer vorheriger Versionen nicht plötzlich im Regen stehen.
Sehr beliebt ist das plötzliche Ändern der Systemanforderungen für den Server. Gestern lief die Lizenz noch unter Windows Server 2003, heute wird Windows Server 2008 zwingend vorausgesetzt. Oder noch besser: Während vieler Jahre servierte ein Solaris-Server klaglos die Lizenzen eines Produkts und dann entschliesst sich der Hersteller Solaris ohne Vorwarnung nicht mehr als Lizenzserverbetriebssystem zu unterstützen.
Vor dem Aufkommen virtueller Server war es durchaus möglich, dass wir zuerst einen neuen Server anschaffen und aufsetzen mussten, bevor wir die aktuellste Version einer Software auf IDES anbieten konnten. Mit dem Einsatz von virtuellen Lizenzservern hat sich die Situation etwas entschärft, aber wir können nach wie vor darauf vertrauen, dass sich die Softwarefirmen das eine oder andere neue Schmankerl ausdenken, um uns ins Rotieren zu bringen.
Wenn es also mal wieder etwas länger dauert, bis die neue Version einer Software auf IDES auftaucht, dann kann es durchaus sein, dass wir gerade vor dem 500-seitigen Handbuch einer neuen Lizenzserversoftware brüten und überraschend feststellen, dass keiner der existierenden Lizenzserver die Systemvoraussetzungen erfüllt.
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