About Guillaume Schiltz

Guillaume Schiltz is Educational Developer (Lehrspezialist) at the Department of Physics.

Online Sprechstunden

Hintergrund: Zu einigen grossen Vorlesungen bieten Dozierende am Departement Physik regelmässig Sprechstunden an. Diese Sprechstunden finden zu festgesetzten Zeiten meist im Büro des Dozenten statt. Ziel der Sprechstunde ist es, konkrete Probleme oder Verständnisschwierigkeiten der Vorlesungsinhalte zu besprechen.  Die Teilnahme der Studierenden  an diesen Sprechstunden ist sehr unterschiedlich. In der Vergangenheit wurden einige Sprechstunden wegen Nichtinanspruchnahme gestrichen, andere mussten wegen hoher Teilnahme kurzfristig in grössere Räume verlegt werden. Um bessere Planungssicherheit zu erlangen, wurde auch versucht Anmeldelisten zu erstellen und Fragen bereits im Vorfeld über Email (oder Forum) zu sammeln.  All diese Massnahmen sind jedoch zeitintensiv und führen kaum zum gewünschten Ergebnis.

adobe_connect

Online Sprechstunde: Im Herbstsemester 2014 haben wir in einer Einführungsvorlesung (ca. 450 Studierende) zum ersten Mal online Sprechstunden durchgeführt. Dabei eingesetzt wurde das über Switch zur Verfügung gestellte Konferenzsystem Adobe Connect. Der Dozent hat für seine Sprechstunden in Adobe Connect ein Meeting eröffnet und den Studierenden den dazugehörigen Link über Email verschickt. Die Zeiten, wann der Dozent online verfügbar ist, wurden in der Vorlesung und über Mail jeweils einige Tage vor der Sprechstunde kommuniziert.

Ergebnis: Im Semester wurden drei online Sprechstunden angeboten. Die beiden ersten waren mit einer Teilnahme von jeweils 50-60 Studierenden sehr gut besucht. Die letzte Sprechstunde, kurz vor Weihnachten, brachte immerhin noch 20 Studierende zusammen. Aus Sicht des Dozenten waren die Sprechstunden ein Erfolg, wobei er sehr viel mehr Studierende ansprechen konnte, als in den bisherigen Präsenzsprechstunden. Die Studierenden empfanden die Sprechstunde über das Internet nicht als Hindernis und betonten das hohe Engagement des Dozenten, der damit neue Wege der Kommunikation einschlug.

Erfahrungen:

  • Adobe Connect ist für Sprechstunden sehr gut geeignet. Die Handhabung des Systems über einen gängigen Webbrowser ist einfach und die Teilnahme an den Meetings ist für Studierende problemlos und unverbindlich.
  • Die Fragen der Studierenden wurden fast ausschliesslich über das Chatmodul als Text gestellt.  Der Video- und Audiokanal wurde so gut wie nicht benutzt. Der Dozent konnte somit die Fragen nach Sichtung selektiv beantworten.
  • Der Dozent hatte sich über ein Tablet als zusätzlicher Nutzer eingeloggt und hatte neben dem Chat- und Audiokanal auf dem PC über Screensharing des Tablets noch eine Zeichenfläche zur Verfügung. Die Behandlung der Fragen verlief grossteils durch verbal kommentiertes Zeichnen bzw. Schreiben auf dem Tablet.
  • Nach Rückfrage an die Studierenden hat sich der Sonntagabend als bester Zeitpunkt für die online Sprechstunde herausgestellt.
  • Nur eine gewisse Anzahl von Studierenden beteiligte sich aktiv an der Sprechstunde. Für die eher Passiven scheint die Teilnahme aber trotzdem gewinnbringend zu sein, denn die Fluktuation während der Sprechstunde hielt sich in Grenzen.

Fazit: Die Durchführung der online Sprechstunden verlief problemlos und ohne grösseren Aufwand. Aufgrund der guten Akzeptanz bei den Studierenden werden wir die online Sprechstunde auch im nächsten Semester wieder durchführen.

Interaktive Präsentationen

Powerpoint, Keynote, Prezi – jeder kennt wohl das mulmige Gefühl, das sich einstellt, wenn Folien im Sekundentakt vorbeihuschen, dabei schwindelerregende Spiralbewegungen vollziehen oder sich in allen Regenbogenfarben rotierend verabschieden. Elektronische Präsentationen bestimmen unseren Alltag und es gibt gelungene und weniger gute Umsetzungen. Aber eins haben all diese Formate gemeinsam. Sie sind für den Frontalvortrag bestimmt, wobei der Zuhörer sich zusätzlich nun noch visuell und textuell berieseln lässt.

everyslide-1Gegenwärtig gibt es jedoch einige Anbieter, die es ermöglichen, solche Präsentation hochgradig interaktiv zu gestalten, also das Publikum durch verschiedene Aktivitäten miteinzubeziehen. EverySlide.com ist solch eine Plattform. Man deponiert dort seine Präsentation (PowerPoint oder PDF) und erhält einen Link, den man an sein Publikum weitergibt. Überprüfen kann man anschliessend die Anzahl aller Teilnehmer, die auf ihren mobilen Geräten die Präsentation aufgerufen haben. Alles was nun in der Präsentation passiert, wird in Echtzeit auf die zugeschalteten Geräte gespiegelt.

Dies ist jedoch nur die zwingende Voraussetzung, um eine Präsentation wirklich interaktiv zu gestalten. Mit EverySlide lassen sich nun einfache Fragen (Ja/Nein, Multiple-Choice, Text) einbauen, welche das Publikum auf den eigenen Geräten beantwortet. Auch der Touchscreen kann eingesetzt werden, indem definierte Felder der Präsentation für den Fingerdruck aktiviert sind. Eine Temperaturkarte zeigt anschliessend das Ergebnis.

Ich habe EverySlide an der vergangenen E-Learn Konferenz während der Keynote von Johannes Cronje miterlebt. Nahezu 100 der anwesenden 250 Personen haben sich sehr aktiv am Vortrag beteiligt und wir haben dabei fast die längst überfällige Kaffeepause vergessen.

Wer diese neue Dimension des Vortragens ausprobieren möchte, kann sich kostenlos bei EverySlide anmelden. Eine kondensierte Beschreibung gibt es >hier<.

everyslide ad-hoc MCEin besonderes Highlight besteht darin, sogenannte on-the-fly Fragen rasch während der Präsentation zu erstellen. Man kann damit z.B. Fragen aus dem Publikum vom Publikum selbst beantworten lassen. Der Überraschungseffekt ist garantiert!

 

Applaus nach Prüfung!

Häufig werden Prüfungen als traumatisches Erlebnis wahrgenommen. Umso seltsamer war das Erlebnis, das ich gestern miterleben durfte. Im Anschluss an die Prüfung erhielt der Dozent tobenden Beifall!

Zum Hintergrund: In diesem Semester haben wir in zwei Physikvorlesungen eine obligatorische Zwischenprüfung eingeführt (Notengewicht 20%). Beide Prüfungen bestehen aus einer Anzahl Multiple-Choice-Fragen (single choice), mit denen gezielt physikalische Konzepte und analytische Fähigkeiten überprüft werden. In der Prüfung gestern hatten die knapp 400 teilnehmenden Studierenden 16 solcher Fragen in 60 Minuten zu beantworten.

pruefungDie Organisation der Prüfung verlief problemlos und ohne grösseren Aufwand. Nach Familiennamen waren die Studierenden in zwei grosse Hörsäle aufgeteilt. Für die Fragebögen standen, über doppelte Permutation (Fragen und Antworten), genügend Versionen bereit, um ein ‘versehentliches’ Abschreiben der Antworten zu unterbinden.korrektur

Während die Prüfungszeit auf eine Stunde festgesetzt war, benötigten fast alle Studierenden gut 45 Minuten zur Bearbeitung der Fragen. Die verbleibende Zeit wurden zur nochmaligen Durchsicht vor der Abgabe aufgewendet. In knapp 90 Minuten waren anschliessend Korrektur und Erfassung der Punkte von den Assistierenden erledigt.

Die erzielten Resultate lassen den Schluss zu, dass mit der Prüfung die intendierten Lernziele valide und sogar spannend abgefragt wurden. Dies wurde offensichtlich auch von den Studierenden erkannt und mit Applaus gewürdigt. Dazu der Kommentar eines Studierenden:

Konzeptfragen machen sogar in der Klausur fast Spass und ich hoffe dass auch in den folgenden Klausuren auf diese Weise das physikalische Verständnis geprüft wird.

So gesehen, sind wir auf gutem Wege, unsere Prüfungen ein wenig vom üblichen Schrecken zu befreien, indem wir Prüfungsmodus, Prüfungsfragen und Lernziele sinnvoll aufeinander abstimmen.

Aufnahmestudio für Lernvideos am Departement Physik

videoraum1Aufgrund des grossen Erfolgs mit Video-Musterlösungen hat das Departement Physik einen eigenen Raum und Mittel zur technischen Ausstattung bereit gestellt. Seit Mitte Januar steht der Aufnahmeraum im HPH allen Lehrenden des Departements zur Verfügung und wird auch rege genutzt.

videoraum2Bei der Ausstattung des Studios war es wichtig, dass die Aufnahmen von Dozierenden und Assistierenden in Selbstbedienung (auch am Wochenende) erstellt werden können. Dazu musste eine technische Infrastruktur gefunden werden, die einfach zu bedienen ist und trotzdem qualitativ hochwertige Videos erzeugt. Ein weiterer zentraler Punkt bestand darin, didaktische Freiräume möglichst ohne technische Einschränkungen beizubehalten. Ich habe im vergangenen Jahr einige Settings erprobt und mich für folgende Hauptkomponenten entschieden:

  • WolfVisionWolfVision VZ-8: mit diesem Desktop Visualizer lassen sich problemlos Hand-Papier-Aufzeichnungen mit einer Zeichenfläche bis zu 41×19 cm aufnehmen. Gesichtsaufnahmen (talking-head) sind ebenso möglich, werden jedoch bisher nicht eingesetzt.
  • Blackmagic H.264 Pro Recorder: blackmagic-h264-pro-recorderdieses kleine und handliche Gerät komprimiert Videodaten in nahezu Echtzeit auf eine handhabbare Grösse und sendet sie über USB-Schnittstelle an den Computer.
  • Hörsaalmikrofon und Mikrofon-Vorverstärker.
  • camtasiaCamtasia: insbesondere im Bereich Lernvideos hat sich diese Software seit vielen Jahren bewährt. Wir benötigen sie lediglich zum Schneiden und Editieren.

Vom guten Ergebnis kann man sich z.B. in folgendem Video überzeugen:

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Bild klicken, um zum Video zu gelangen

Lernvideos werden in diesem Semester für 3 Vorlesungen im Bachelor- und im Master-Studiengang erstellt. Für das kommende Herbstsemester gibt es jetzt bereits Anfragen von weiteren Interessenten. Im Dialog mit den Studierenden versuche ich, das Angebot stetig zur verbessern. Zusätzlich sammele ich Erfahrungen zum Arbeitsablauf und möchte damit den zeitlichen Aufwand der Produktion noch weiter optimieren. Die reine Videoproduktion ist laut meiner bisherigen Erfahrung relativ schnell und einfach zu bewerkstelligen. Weitaus aufwändiger hingegen sind die didaktische Aufbereitung und die Ausarbeitung des Aufzeichnungsmaterials. Es ist jedoch schön zu erleben, mit welcher Begeisterung sich alle Beteiligten hier engagieren.

Die Lernvideos sind Bestandteil der „Flipped-Classroom-Initiative“, die ich seit vergangenem Jahr am Departement Physik initiiert habe. Dazu werde ich in einem späteren Beitrag dann sicher noch detaillierter berichten.

Bericht zur EMOOCS 2014 (10. – 12. Februar, Lausanne)

epfl„The goal of the summit is to develop synergies among European universities around themes such as student assessment, MOOC accreditation, platform interoperability and joint research initiatives” (aus der Ankündigung). 450 Teilnehmende waren diesem Aufruf gefolgt und hatten sich an der EPFL in Lausanne eingefunden, um MOOCs im europäischen Rahmen zu diskutieren. Neben 8 Keynotes wurden 4 Paralleltracks mit über 60 Kurzvorträgen und Paneldiskussionen zu den Themen „Policy“, „Experience“, Research“ und „Business“  angeboten.

Webseite: http://www.emoocs2014.eu/

Proceedings: http://www.emoocs2014.eu/sites/default/files/Proceedings-Moocs-Summit-2014.pdf

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Bericht

Im Herbst 2012, mitten im MOOC-Trubel, hatte ich an einer der wichtigsten US-amerikanischen Konferenzen zu online-Bildung im tertiären Bereich  teilgenommen (http://sloanconsortium.org/conference/2012/aln/welcome). Die zentralen Themen dort waren das Phänomen MOOCs und dessen Auswirkung auf Universitäten und Colleges. Mit gemischten Gefühlen bin ich damals aus den USA zurückgekehrt. Wir hatten Sebastian Thrun (udacity) über die Massenverfügbarkeit von Bildung reden gehört, hatten die Ängste der traditionellen Hochschulen vernommen und ausgiebig über die bisher ungeahnten Möglichkeiten von MOOCs bezüglich Lernen und Lehren diskutiert.

Nun, anderthalb Jahre später, wollte ich erfahren, wie sich MOOCs im europäischen Kontext konjugieren. Bewusst habe ich mich dabei auf den Track „Research“ fokussiert, denn nun, nach hunderten von erfolgreich abgehaltenen  MOOC-Kursen, sollten erste Ergebnisse zur Didaktik und zur Lernwirksamkeit vorliegen. Diese waren uns auf jeden Fall in 2012 versprochen worden.

Hier meine wichtigsten Erkenntnisse:

Ein MOOC ist ein MOOC!

Unter der Sammelbezeichnung „MOOC“ wird so ziemlich alles zusammengefasst, was in irgendeiner Form mit E-Learning zu tun hat. Am einen Extrem der MOOC-Skala findet man die instruktionalen  xMOOCs als Massenveranstaltungen, am anderen Ende tummeln sich online Veranstaltung im CSCL-Format (computer-supported-collaborative-learning) mit teilweise sehr bescheidener Teilnehmerzahl. Zahn et al. etwa untersuchen einen Kurs mit 72 Studierenden.

Zwei Vorträge versuchten, diese recht heterogenen Ausprägungen von MOOCs  mit Klassifikationen zu bändigen, waren jedoch beide nicht sehr überzeugend. Während Rosselle et al.  eine 6×8 Matrix mit insgesamt 48 MOOC-Typen vorschlagen, gehen die Erkenntnisse von  Jadin&Gaisch nicht über die bisherige Dreiteilung hinaus, die Lisa Lane bereits 2012 aufstellte.  Bisweilen hatte ich den Eindruck, dass es die Plattformen sind, die definieren was ein MOOC ist. D.h. was die grossen Anbieter Coursera, EdX, Miriadax, FutureLearn usw.  als MOOC anbieten, ist eben ein MOOC. Ein wenig erinnert  mich dieses „branding“ an die Fahrzeuggattung SUV, die von den  Autoherstellern für jeden Markt anders definiert wird. Und damit wäre ich bereits bei meiner  zweiten, wahrscheinlich der wichtigsten Erkenntnis, die ich aus Lausanne mitgenommen habe.

MOOCs sind ein Markt, bei dem es um sehr viel Geld und um Anteile geht!

Bereits 2012 war deutlich, dass sich der Erfolg von MOOCs hauptsächlich auf dem bis dahin stark unterschätzten öffentlichen Bedarf an solchen Kursen begründet. Zuweilen habe ich den Eindruck, MOOCs als eine Art „Migros-Klubschule“ für Akademiker wahrzunehmen.

Die Zahlen (Einschreibungen, erteilte Zertifikate, Anzahl der angebotenen Kurse usw.) beindrucken immer noch mit ihren hohen Werten, und schliesslich sollen sie ja auch den riesigen Bedarf an MOOCs dokumentieren. Wo ein Bedarf ist, gibt es einen Markt. Dazu ein paar Fakten, die reichlich zu überlegen geben. Ein MOOC kostet in der Produktion mindestens 30‘000 EUR (mehrheitlich indirekte Kosten). Telefonica S.A., eines der grössten Telekomunternehmen, ist Marktführer bei spanischen MOOCs und expandiert nun erfolgreich mit MOOCs in Lateinamerika. EdX lässt seine sehr umfangreichen Kurs- und Teilnehmerdaten bei Amazon hosten (Amazon Web Services), natürlich nicht kostenlos.

Daneben hat sich gezeigt, dass die überwiegende Mehrzahl der MOOC-Teilnehmenden bereits über eine universitäre Ausbildung verfügt. Es handelt sich also vornehmlich um Personen aus der gehobenen Mittelschicht, also um eine aus marktwirtschaftlichen Aspekten  äusserst interessante Bevölkerungsschicht. Die Teilnahme an den Kursen ist zwar kostenlos, doch immer mehr werden den Benutzern kostenpflichtige Zusatzleistungen angeboten: z. B. durch Betreuung, Zertifizierung, oder Job- bzw. Mitarbeitervermittlung (easyjet-Modell).

Auch die Frage nach dem Umgang mit Nutzerdaten ist nicht geklärt. Mittlerweile bekomme ich jeweils zu Semesterbeginn von den grossen MOOC-Vertreibern eine Auswahl von sogenannten „empfohlenen“ Kursen angeboten. Auf welcher Grundlage werden diese persönlichen Empfehlungen wohl generiert?

Neben den hohen Einschreibe-Zahlen waren auch die hohen Dropout-Zahlen ein Thema. Bereits nach den ersten Plenarvorträgen war klar, dass es an aussagekräftigen Kennzahlen zur Teilnahme fehlt. Ebenso wie die Einschreibe-Zahlen liefert die Anzahl der erworbenen Zertifikate keine numerische Grundlage (Rekha et al.). Daneben zeigen Halawa et al., dass eine 14tägige Inaktivität ein guter Indikator für einen „echten“ Dropout darstellt.

Analytics?

Insbesondere im „Research“-Track hatte ich gehofft, erste didaktisch relevante Erkenntnisse aus den benutzergenerierten Daten zu erhalten. Doch leider entpuppten sich die grossmundig angekündigten „Learning Analytics“ als profane „Customer Analytics“ (Baker et al., Barcena et al., Cisel, Meinel et al., Seaton et al.). Wie viele Videos werden wann angeklickt? Aus welchen Ländern stammen die Teilnehmenden? Wie hoch ist die Anzahl von Forenbeiträge, natürlich ohne inhaltliche Abstufung? Um es kurz zu machen, sobald es um Zahlen ging, war Lernen und Lernwirksamkeit ausgeblendet. Analysen des Lernfortschritts, Auswertungen der Selbsttests (Fehlversuche, zeitlicher Aufwand usw.), qualitative Untersuchungen der Abschlusstests, komparative Studien mit Kontrollgruppen …alles Fehlanzeige! Nicht einmal Voruntersuchungen zu diesen Themen waren auf dem Programm. Einzig der Beitrag von Li et al. bot interessante Einblicke über die Auswirkung von Synchronizität beim Videoschauen auf die Partizipation in Foren.

Meine sehr persönliche Einschätzung

Viele Facetten von MOOCs wurden in Lausanne diskutiert und der Tagungsband dokumentiert zweifelsohne, dass MOOCs eine grundlegende Veränderung im Bildungsbereich eingeleitet haben. Nur welche Implikationen schlussendlich damit verbunden sind, ist noch immer nicht deutlich.

Positiv ist auf jeden Fall, dass online Lernen jetzt auch verstärkt von Entscheidungsträgern als wichtig eingestuft wird. Als problematisch sehe ich eher die Tatsache an, dass MOOCs sich zu einem wirtschaftlich wichtigen Faktor entwickeln. In welcher Weise die aus Steuern finanzierten Hochschulen Europas hier einen vertretbaren Weg finden, ihre hohen Produktionskosten von MOOCs zu rechtfertigen, ist mir nicht klar.

Im europäischen Kontext sehe ich die cMOOCs als interessante Alternative. Anstatt auf Massenwirkung ausgerichtet, wird in cMOOCs eher die Breite in Form von communities angesprochen. Neben den zeitlich getakteten Inputs von Experten stehen die Beiträge der Teilnehmenden im Vordergrund eines cMOOC. In ihnen werden neues Wissen und neue Erkenntnisse diskursiv erschlossen. Bisher waren deutschsprachige Hochschulen im Bereich cMOOCs sehr aktiv. In Lausanne war es sehr interessant zu erfahren, dass und auch wie sich andere europäischen Universitäten hier einbringen.

Letztendlich, das Thema MOOCs bleibt spannend und man darf auf die kommende EMOOCS 2015 im belgischen Mons gespannt sein.

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Geselliges und informatives Fondue-Dinner mit den französischen Kollegen und Kolleginnen

 

 

Videolösungen in der Physik

Lernvideos nehmen einen immer wichtigeren Anteil in der Wissensvermittlung ein. Der aktuelle MOOC-Trend, die Videos der Khan Academy, sowie die Vorlesungsaufzeichnungen von iTunes U gelten als sichere Zeichen, dass sich das Medium Video bereits jetzt in der Hochschule etabliert hat.

An einem Projekt am Departement Physik möchten wir Erfahrungen mit diesem Format sammeln. Im Herbstsemester wird in der Vorlesung “Physik für Bauingenieure” wöchentlich eine ausführliche Videolösung zu einem ausgewählten Problem angeboten.

Videolösung

Bild klicken, um zum Video zu gelangen

Das zur Videolösung zugehörige Problem ist >hier< beschrieben.

Gegenüber den traditionellen Text-Musterlösungen haben solche Videolösungen zwei entscheidende Vorteile:

  • die Lösung wird grafisch entwickelt,
  • der gesprochene Kommentar weist auf besondere Schwierigkeiten hin und knüpft an die Vorlesungsinhalte an.

Die erste Videolösung ist jetzt online und wurde bereits von gut der Hälfte der Studierenden aufgerufen. Gegen Semestermitte werden wir gezielt nach den Einschätzungen der Studierenden fragen, um das Angebot daraufhin zu verbessern.

Alle Videolösungen werden sukzessive in folgendem Kanal zu finden sein:
http://www.youtube.com/channel/UCVZiSxhjfoSdNraHqW5qJog

Produktorientierte Blended Learning Veranstaltung

Hintergrund: In einer Fachdidaktikveranstaltung mit 14 Studierenden sollen Themen des Physikunterrichtes unter Einbezug von Erkenntnissen der naturwissenschaftsdidaktischen Forschung für den Unterricht aufgearbeitet werden. Das zu erarbeitende Ergebnis (Produkt) ist eine Sammlung von thematisch vorgegebenen Lektionen für den Mittelschulunterricht. Jede dieser Einheiten soll unter zwei didaktisch verschiedenen Ansätzen erarbeitet werden.

Szenario:Die Veranstaltung ist in fest definierte Lern- und Arbeitsphasen unterteilt:

  1. Ein erster Präsenzblock macht alle Studierende mit den theoretischen Grundlagen vertraut. In diesem Block werden auch der Arbeitsauftrag, die Termine und die Ziele der Veranstaltung explizit vorgestellt.
  2. In der nächsten Phase (offline/online) müssen die Studierende individuell den Arbeitsauftrag erfüllen. Zwischenergebnisse werden via E-Mail vom Dozenten überprüft und kommentiert.
  3. Nach Fertigstellung des individuellen Auftrags erfolgt ein paarweiser Austausch der Ergebnisse (online). Hierbei soll nach dem Muster eines Referee-Prozesses (peer review) eine Begutachtung zur fremden Ausarbeitung erstellt werden. Um die fachliche Expertise zu gewährleisten, tauschen Studierende mit identischen Themen (aber mit unterschiedlichen didaktischen Ansätzen) ihre Ergebnisse aus. Zuvor jedoch erfolgt eine detaillierte Vorstellung des Begutachtungsprozesses in Form einer Präsenzsitzung.
  4. Im Abschluss an die Begutachtung überarbeiten die Studierende ihre Ausarbeitung aufgrund der Begutachtung (offline).
  5. In der nächsten Phase werden die ausgearbeiteten Ergebnisse im Plenum vorgestellt und diskutiert.
  6. Zum Schluss besteht noch die Möglichkeit, die eigene Arbeit zu überarbeiten. Abschliessend wird sie dann eingereicht.

Lerntechnologie: In diesem Szenario wird Moodle hauptsächlich als Dokumentenablage für die Arbeitsergebnisse verwendet (Datenbank-Modul). Die Kommunikation zwischen Studierenden und zwischen Studierenden und Dozent erfolgte via E-Mail.

Fazit: Das Szenario wurde vom Dozenten als auch von den Teilnehmern als äusserst erfolgreich eingestuft. Der Verzicht auf Kontaktstunden erfordert jedoch vom Dozenten eine detaillierte Vorplanung und einen Betreuungsmehraufwand während der Computer-Arbeitsphasen. Von den Studierenden wird eine erhöhte Bereitschaft zum Selbststudium und zum kooperativen Lernen verlangt.

Tipps: Mit der Attraktivität des zu erstellenden Produktes erhöht sich auch die Motivation der Studierenden.

Das Ergebnis des Begutachtungsprozesses muss Teil der Leistungskontrolle sein. Hier war die Begutachtung explizit in die abschliessende mündliche Prüfung integriert.

Der komplexe Aufbau des Szenarios muss zu Beginn detailliert vermittelt und begründet werden.

Das Szenario ist nur für Veranstaltungen mit weniger als 20 Studierenden geeignet. Bei höheren Teilnehmerzahlen müssen Arbeitsgruppen gebildet werden.

Referenz: https://moodle-app1.net.ethz.ch/lms/course/view.php?id=255

Kontakt: Guillaume Schiltz

Übungen auf Moodle verwalten

Hintergrund: Die grossen Physikvorlesungen (ca. 400 Studierende) werden von Übungen begleitet. Zu den Übungen gibt es wöchentliche Aufgabenblätter. In jeder Übungsstunde (mit jeweils ca. 25 Teilnehmer) müssen Lösungen von den Studierenden an der Tafel vorgerechnet werden. Als Testatbedingung muss jeder Studierende eine gewisse Anzahl von Lösungen vorbereiten, auch wenn diese dann nicht von ihm/ihr vorgerechnet werden können.

Um die Testatbedingungen zu überprüfen müssen die Übungsassistierende daher genau Buchhaltung darüber führen, wer was zu jeder Übungsstunde vorbereitet hat. Um diesen administrativen Aufwand zu reduzieren und den Studierenden genügend Freiraum bei der Auswahl ihrer vorbereiteten Lösungen zu geben, wurde eine Online-Bereitschaftserklärung eingeführt.

Lernszenario: Jede Woche wird in Moodle ein Test aufgeschaltet, welcher für jede aufgegebe Übungsaufgabe eine Ja-Nein-Frage enthält. Mit Auswahl von „Ja“ erklärt sich der/die Studierende bereit, die entsprechende Lösung an der Tafel vorzurechnen. Bei „Nein“ hat er/sie sich nicht mit der Aufgabe beschäftigt.

Praxis: Der Moodle-Test ist als „getrennte Gruppen“ angelegt, wobei jeder Assistierende vor Beginn der Übung einen Überblick über die behandelten Aufgaben erhält und auch sieht, welche Studierende zur Lösung an der Tafel aufgerufen werden können.

Am Ende des Semesters ermöglicht die Darstellung der Gesamtbewertung in Moodle eine schnelle Überprüfung der Testatbedingungen.

Fazit: Die Studierende haben diese Online-Bereitschaftserklärung gut aufgenommen. Sie sind damit zu einem regelmässigen Besuch auf der Lernplattform gezwungen und können auch andere dort bereitgestellten Lernhilfen nutzen. Für die Assistierende bringen die Online-Bereitschaftserklärungen eine grosse Vereinfachung des administrativen Aufwandes.

Tipps: Zu Beginn des Semesters den Abgabetermin möglichst früh ansetzen, damit er bei Anfragen der Studierende problemlos verschoben werden kann.

Zusätzlich zur Bereitschaftserklärung kann eine Offline-Aufgabe in Moodle angefügt werden. Hier können Übungsassistierende zur eigenen Buchhaltung für jede/n Studierenden persönliche Kommentare anlegen.

Kontakt: Guillaume Schiltz

Vorlesungen kommentieren

Im Gespräch nach einer Hospitation sind Dozierende immer froh darüber, ein Feedback über ihre Vorlesung zu erhalten. Manchmal sprechen sie auch gezielt Probleme oder Unsicherheiten an.  In diesen Fällen ist es von Vorteil, auf Sekundärliteratur zu verweisen. Zusätzlich wird damit die Rückmeldung auch deutlich wertungsfreier.

Beispiel: eine Vorlesung, die einen deutlich erhöhten Lautpegel aufweist.

Delis: „Hat Sie der Lautpegel während der Vorlesung gestört?”
Doz.: „Nein, das war schon in Ordnung.”
Delis: „In einer Studie aus England wurden einige sehr einfache Strategien zur Geräuschreduzierung vorgeschlagen und analysiert. Ein gute Methode ist, wenn Sie höflich darauf hinweisen, dass es für Sie als Dozent äusserst schwierig ist, unter Lärmbelastung zu arbeiten und dass Sie sich während der Vorlesung voll konzentrieren müssen. Dann warten Sie bis der Lautpegel abgenommen hat, bedanken sich und fahren mit der Vorlesung fort. Nachdem Sie dieses Vorgehen konsequent ein paar Mal angewendet haben, werden Sie merken, dass es deutlich leiser in der Vorlesung wird.” …

Falls der/die Dozierende jetzt Interesse zeigt, kann man die acht restlichen Strategien zur Geräuschreduzierung ausführen und auf die spezifische Situation der aktuellen Vorlesung beziehen.

Solche und viele andere Hinweise zur Verbesserung von Vorlesungen und allgemein von Vorträgen findet man in einem kleinen Büchlein:

Giving a Lecture: From Presenting to Teaching (Kate Exley, Reg Dennick), Routledge, 2. Auflage 2009

(Achtung: die erste Auflage dürfte evtl. in einigen Bibliotheken vorhanden sein, aber sie ist weitaus minderwertiger. Ich empfehle daher dringend eine Neuanschaffung. In Nebis ist das Buch nur über Lausanne bestellbar.)

Die beiden Autoren liefern auf 200 Seiten eine Fülle von praktischen Informationen und Tipps zum Entwerfen, Planen und Durchführen von Vorlesungen und Vorträgen. Zahlreiche Hintergrundinformationen, Praxisbeispiele, Verweise, sowie ein gut lesbarer Schreibstil machen das Buch zu einem wahren Lesevergnügen.

Ein ganzes Kapitel befasst sich mit der Analyse und (formativen) Evaluation von Vorlesungen. Für die Hospitation finden sich hier sehr wertvolle Kriterien. Weitere Kapitel behandeln die Erstellung und Einbeziehung von Powerpoint-Folien, sowie von Audio- und Videomaterial. Clicker, Tablet-PCs und Podcasts werden ebenso thematisiert wie die Berücksichtigung von Studierenden mit Behinderung.

Insgesamt ist das Buch spannend zu lesen und das Englisch ist durchaus verständlich. Mir persönlich hilft es sehr bei der Beratung von Dozierenden und ich habe selbst Vieles damit lernen können.

Vielleicht sollte man das Büchlein allen neuen Dozierenden diskret zum Gratis-Halbtax beilegen. Eine sicher lohnenswerte Investition  (und ein Vorschlag für die Gruppe „Faculty Development”)!

Hier ist noch ein Link zum Blättern im Buch:
http://www.amazon.co.uk/Giving-Lecture-Effective-Teaching-Education/dp/0415471400#reader_0415471400

Kontakt: Guillaume Schiltz