eReader im Praxistest: Samsung Galaxy Tab

Klar, das Samsung Galaxy Tab ist mehr als ein eReader. Es ist der erste ernst zu nehmende iPad-Konkurrent auf dem Markt und somit ein Vorreiter für all die Tablets, die für 2011 angekündigt worden sind oder noch angekündigt werden. Mein Praxistest stellt aber die Möglichkeiten als eReader in den Vordergrund. Vorneweg: mein Sohn (13 jährig) hat sich das Gerät gleich geschnappt (das ist noch mit keinem eReader passiert…) und war begeistert von den Fähigkeiten als Spielkonsole. Die Telefonfunktionen habe ich nicht ausprobiert, da ich keine SIM-Karte kaufen mochte (und ich nur eine Micro-SIM-Karte habe). Im Alltag wird man das Gerät nur mit Headset als Mobiltelefon einsetzen, denn es ist zu gross, um es sich ans Ohr zu halten. Hier zeigt sich ein heikler Punkt bei den 7-Zoll-Geräten: Sie sind zu gross für ein Telefon und eher an der unteren Grenze für einen Reader – besonders für PDF-Dokumente im A4-Format. Dafür ist die Grösse ideal für eine mobile Spielkonsole. Das Galaxy Tab liegt im Hochformat sehr gut in einer Hand – ein klarer Vorteil gegenüber dem Format und Gewicht des iPad, besonders, um im Stehen zu lesen und zu schreiben. Oder um ein Video-Chat zu führen über Skype.

Home-Bildschirm und Inhalt des Ordners “eigene Dokumente”

Inbetriebnahme

Die Inbetriebnahme des Samsung Galaxy Tab ist nicht gerade einfach. Unplug and play ist nicht wirklich die Devise. Ich will jetzt nicht mit dem iPad vergleichen – aber parallel zum Galaxy Tab habe ich den ebenfalls auf Android basierenden Nook Color getestet. Und da klappt alles auf Anhieb: die Verbindung mit dem WLAN erfolgt problemlos und ist stabil. Das Laden von E-Books denkbar einfach. Vom Auspacken bis zum Lesen eigener E-Books dauerte es nur wenige Minuten. Anders beim Galaxy: die WLAN-Einstellung ist komplex. Eine Verbindung ins WPA2 geschützte Hochschulnetz bringe ich auch nach X-Versuchen nicht zustande. Und über die öffentliche Verbindung mit Authentifizierung auf der Landing Page bricht die Verbindung ständig ab. Das ist kein Vergnügen!

Synchronisierung von Daten und eBooks

Dann musste ich merken, dass ich von der Samsung-Homepage die Software Kies herunterladen muss, mit deren Hilfe ich dann die Daten synchronisieren kann (vergleichbar mit iTunes fürs iPad). Allerdings verstand ich nicht auf Anhieb, dass mit „Kies“ eine Software gemeint ist… Mit diesem Tool lassen sich dann Musik, Fotos und Videos synchronisieren – aber nicht die E-Books. Nach Installation von „Kies“ wird der Galaxy Tab als Device (als Telefon) erkannt, und ich kann den Ordner suchen, in den ich die EPUB-Files kopieren kann (GT-P1000/Phone/ebook/import). Von Calibre wird das Samsung Galaxy Tab übrigens nicht erkannt. Nach einem Absturz (während des Firmware Upgrade) lässt sich Kies nur noch in der chinesischen Sprachvariante öffnen, und ich finde den entsprechenden Menupunkt zur Sprachumstellung nicht mehr. Dadurch ist die Benutzung der Software etwas schwierig geworden. Die User Foren zeigen, dass Kies öfters Anlass zu Beschwerden gibt und von vielen Nutzern gar nicht verwendet wird.

Die kopierten Files finden sich auf dem Gerät dann im Ordner „Eigene Daten“ unter ebook/import wieder – wenn man sie im entsprechenden Folder abgelegt hat. Zum Lesen von PDF ist kein brauchbarer PDF-Reader vorinstalliert. Also besorge ich im Market den kostenlosen Adobe Reader. Damit klappt es dann auch. Gut lesbar ist ein A4-PDF allerdings nur im Querformat – und es muss relativ häufig gescrollt werden.

Bei EPUB-Büchern erfolgt das Kopieren und Herunterladen auf demselben Weg. Im oben erwähnten Ordner kann ich ein E-Book und die Applikation auswählen, mit welcher es geöffnet werden soll. Ich wähle den vorinstallierten E-Book-Reader (eBook), der etwas kryptisch als „ViewerStarterNoTranslucent“ im Dialogfeld erscheint. Das Laden der Bücher dauert etwas gar lange. Auch wenn man die Orientierung des Galaxy von Hoch- auf Querformat ändert, braucht es ein paar Sekunden, bis die Seite neu aufgebaut ist. Auch sind Abbildungen zum Teil nicht zu sehen, die mit der App txtr auf demselben Gerät angezeigt werden. Wenn man die Texte einmal mit der App eBook geöffnet hat, erscheinen sie im virtuellen Bücherregal. Ein DRM-geschütztes E-Book im Format EPUB hat sich auch mit txtr nicht öffnen lassen. Einen zweiten Versuch starte ich mit der App Kalahari Reader, die ich zunächst auf meine Adobe ID registrieren muss. Die App erscheint dann aber nicht im Auswahlfenster der Anwendungen, mit denen ich ein E-Book im EPUB-Format öffnen kann. Nach dem gescheiterten Versuch gebe ich auf.

 Auch die App Kindle für Android lade ich kostenlos im Market. Längere Zeit bin ich unsicher, ob die Installation wirklich läuft, bis nach 2-3 Minuten in der Statuszeile ein Download-Symbol erscheint. Und kurz darauf ist die App installiert. Nach der Registrierung bei Amazon bleibe ich erneut einige Zeit ohne sichtbares Zeichen, dass ich jetzt Zugriff auf meine Inhalte kriege. Die vorinstallierten E-Books wie Pride & Prejudice sind auch auf dem Galaxy gut zu lesen. Schliesslich klappt auch der Abgleich mit dem persönlichen Amazon-Konto und die früher gekauften Kindle E-Books werden geladen.

Menuführung und Bedienung

Zu den Einstellungen gelange ich über das eine Symbol, das im Rahmen unterhalb des Screens als virtueller Button angelegt ist. Dort  befindet sich die eigentliche Menusteuerung mit den Symbolen Lupe, Return, Home und Einstellungen (von rechts nach links). Mit etwas Übung gewöhnt man sich schnell daran. Hier zeigt sich der Unterschied zwischen diesem ersten Modell von Samsung gegenüber dem iPad. Das Android-Modell braucht eindeutig mehr Zeit, bis man das Gerät insgesamt und dann vor allem die verschiedenen Apps in den Griff bekommt. Ich persönlich habe das Galaxy während der Testphase nicht ausschliesslich benutzt. Im Prinzip hätte ich das iPhone und das iPad und wohl auch mein Notebook zu Hause oder im Büro stehen lassen müssen. Dann hätte ich mich intensiver um die korrekten Einstellungen bei Netzwerk und den einzelnen Apps kümmern müssen. Das zeigt aber auch, dass das Galaxy für AnwenderInnen ist, die sich bewusst für ein Android- und gegen ein Apple-Device entschieden haben.

Einzelne Office-Anwendungen konnte ich bisher nicht im Detail testen. Eine Enttäuschung erlebte ich beim Versuch, Dropbox zu installieren. Diese App ist wohl eine der nützlichsten für den mobilen Nutzer. Die App gibt es (natürlich) auch im Android Market. Die Installation will jedoch auch in mehreren Anläufen nicht klappen. Dropbox meldet, die Uhr auf dem Gerät sei falsch eingestellt. Und es bleibt dabei, auch nachdem Zeitzone und aktuelle Zeit korrekt eingestellt worden sind.

Fazit

So bleibt ein etwas getrübter erster Eindruck. Das Samsung Galaxy Tab zeigt einige vielversprechende Ansätze und gilt zu Recht als erster ernstzunehmender Herausforderer für das iPad. Gleichzeitig zeigt er gegenüber dem Platzhirsch doch noch zu viele Schwächen. Aber beim Galaxy entscheidet der User alleine, welche Apps mit welchen Inhalten auf das Gerät kommen.  Und so dürfte das Device für Pioniere, die ihrer Unabhängigkeit zuliebe gerne einige Umwege in Kauf nehmen, durchaus eine Alternative sein.

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